Leonhard Kerder ruft im Seminar „Businessplan“ ein Entwicklungshilfeprojekt für Kambodscha ins Leben
Meschede / Phnom Penh. Kaffee aus Kambodscha – das ist in kurzer Form die Geschäftsidee, die Leonhard Kerder mit sechs Kommilitonen im Seminar „Businessplan“ ausarbeitet. Nicht weil er damit reich werden möchte. Schon eher, weil er mit seiner Hausarbeit in diesem Fach eine Prüfung ablegen kann, die ihn seinem Abschluss im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen ein Stück näher bringt. Vor allem aber aus einem Grund: Er möchte Studenten in Kambodscha helfen.
Um das zu verstehen, muss man einen Blick in seine Vergangenheit werfen. Nach seinem Abitur im Jahr 2010 nahm der aus Celle stammende Kerder am Entwicklungshilfe-Programm Weltwärts teil. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit vermittelte ihn nach Kambodscha. In Phnom Penh arbeitet er ein Jahr lang für den Verein Chibodia in einem Heim für verwaiste, verlassene oder sonst schutzbedürftige Kinder. Leonhard Kerder gab in dieser Zeit vor allem Musikunterricht, aber auch Englisch- und Schwimmunterricht.
Das spannendste war für mich der Vergleich mit Deutschland erzählt Kerder. Hier mögen viele Kinder die Schule nicht sehr. In Kambodscha sind sie hingegen völlig glücklich, wenn sie ihre erste Schuluniform bekommen und nicht mehr auf einer Müllkippe arbeiten müssen. Bildung ist in Kambodscha etwas Besonderes und das wissen die Kinder zu schätzen.
Sobald die Kinder volljährig sind und die Highschool abgeschlossen haben, sollen sie nicht direkt aus der behüteten Umgebung des Kinderheims in die komplette Selbstständigkeit entlassen werden. Deshalb vergibt Chibodia Stipendien an Studenten, die sich durch gute Noten und soziales Engagement hervorgetan haben. Außerdem hat Chibodia das MidwayHouse ins Leben gerufen – ein Studentenwohnheim, dessen Bewohnern Chibodia einen betreuten Übergang in die Selbständigkeit ermöglicht. Somit haben die jungen Erwachsenen die Chance, in der Hauptstadt Phnom Penh zu studieren oder eine Ausbildung zu absolvieren. Gleichzeitig sind die Studenten Vorbild für die Kinder im ChildrensHome. Sie können viel von den erfahrenen Studenten lernen.
Das fand ich als Student selbst sehr spannend, so Kerder, der im letzten Sommer noch einmal für einen Monat in Kambodscha war. Durch den Kontakt zu den dort lebenden Studenten entwickelte sich die Idee, gemeinsam ein Kaffeegeschäft aufzubauen. Nun sitzen die Studenten in Deutschland seit Anfang November daran, ein Konzept für den Import und Vertrieb von kambodschanischem Kaffee zu entwickeln. Die erwirtschafteten Überschüsse sollen Kambodscha und seinen Menschen zu Gute kommen. Die Möglichkeit, das Projekt als Gruppenarbeit im Seminar durchzuführen, räumte ihnen Prof. Dr. Ewald Mittelstädt ein. Der hat selbst schon einmal an einem Entwicklungshilfeprojekt teilgenommen und lässt die Teilnehmer in seinem Fach gleichsam für einen guten Zweck studieren. Und das ist einfach ein gutes Gefühl, meint Kerder.
Hintergrund
Im Königreich Kambodscha leben etwa 14 Millionen Menschen. Rund 40 Prozent der Bevölkerung haben ein Einkommen unter der Armutsgrenze. Am härtesten trifft es die Kinder Kambodschas. Schon bei ihrer Geburt sind sie gefährdet. Kambodscha hat eine 17-mal höhere Kindersterblichkeitsrate als Deutschland. In ihrem weiteren Leben bedrohen Durchfallerkrankungen, Malaria, Dengue-Fieber, HIV, Mangelernährung, Kinderprostitution und -handel ihre Existenz. Fehlende oder für die Eltern nicht bezahlbare medizinische Versorgung und schulische Bildung lässt die Zukunft der Kinder trüb aussehen.
Chibodia e.V. setzt sich für Kinder in Kambodscha ein. Der Verein betreibt zwei Kinderheime mit qualitativ hohem Bildungs-angebot und familiärer Atmosphäre, drei Gesundheits-Kliniken, die sich direkt im Elendsviertel befinden, eine große Landschule, und zwei Studentenwohnheime in denen Studenten aus verarmten Familien ein Stipendium erhalten.
Mehr Informationen: www.chibodia.org