Oelde als Wiege der mechanischen Trenntechnik

Ob Luxusliner, Brauerei oder Millionenmetropole – eins haben sie alle gemeinsam: Überall werden Flüssigkeitsgemische mithilfe der mechanischen Trenntechnik per Zentrifuge bearbeitet. So werden Motoröle für den Schiffsantrieb gereinigt, Biere filtriert, Abwässer gereinigt und zu Trinkwasser aufbereitet. Basis für diese Verfahren ist ein 120 Jahre altes Patent für handbetriebene „Milchschleudermaschinen“ aus dem westfälischen Oelde. Das Grundprinzip solcher Zentrifugen hat sich bis heute nicht geändert: Durch die schnelle Drehung in einer Trommel werden durch Fliehkraft Flüssigkeitsgemische oder Feststoffe in Flüssigkeiten voneinander getrennt. Bekannte Beispiele aus dem Alltag sind die Salatschleuder oder die Waschmaschine.

Am 29. Mai 1893 meldeten die Oelder Zentrifugen-Pioniere Franz Ramesohl und Franz Schmidt ihre Konstruktion unter der Nummer 14 625 beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin als „Antriebsvorrichtung an Milchschleudermaschinen mit Kettenradantrieb für die Schnurscheibenwelle einseitig mitgenommener und verstellbarer Spannrolle für die Schnur“ an. Sie folgten damit einem Trend, der die Milchverarbeitung revolutionierte: Die Trennung der empfindlichen Rohmilch in Rahm und Magermilch war mit den neuen Zentrifugen wesentlich schneller und gründlicher möglich als bisher.

S008 01 1893S008 02 1893Franz Ramesohl (links) und Franz Schmidt (rechts) erkannten das enorme Entwicklungspotenzial ihrer so genannten „Hand-Milch-Zentrifuge“. Am 1. September 1893 eröffneten sie in Oelde eine Werkstatt für die Produktion dieser Milch-Separatoren, die dann am 14. September als Unternehmen Ramesohl & Schmidt oHG beim Amtsgericht Oelde in das Handelsregister eingetragen wurde. Im Jahr 1900 waren bereits mehr als 10.000 ihrer Milchzentrifugen im Einsatz. Aus dieser kleinen Werkstatt ist die global agierende GEA Westfalia Separator Group entstanden, die derzeit mehr als 3.000 verschiedene Prozesse für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie über die Bereiche Nachwachsende Rohstoffe, Marine, Öl und Gas bis hin zu Energie-, Chemie-, Pharmazie- sowie Umwelttechnik beherrscht. Die handbetriebene Milchschleuder aus Oelde hat sich in den vergangenen 120 Jahren erfolgreich zur Hightech-Zentrifuge entwickelt, die aus der modernen Industrie nicht mehr wegzudenken ist.

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Querschnitt durch einen modernen Separator mit integriertem Direktantrieb.

Info: Das Prinzip der Zentrifugalkraft

Die zentrifugale Trenntechnik bedient sich der physikalischen Grundgesetze und der Fliehkraft. Die Fliehkraft bzw. Zentrifugalkraft wird durch Rotation um eine Achse erzeugt. Die durch die Rotation entstehende Kraft wirkt nach außen. Abhängig von der Geschwindigkeit des rotierenden Körpers steigt er oder er sinkt auf der Kreisbahn. Diese Eigenschaft macht sich die mechanische Trenntechnik zunutze. Dann, wenn Leichtes von Schwerem oder Stoffe unterschiedlicher Dichte voneinander getrennt werden müssen.

Zentrifugalkräfte im Gefäß

Die Fliehkraft wirkt auf alle Teilchen ein. Die Stoffe mit dem spezifisch höheren Gewicht werden am stärksten und schnellsten nach außen geschleudert. So setzen sie sich am Gefäßrand ab. Das Abscheiden durch die Zentrifugalkraft geht jedoch schneller vor sich, wenn das Gefäß einen Einsatz hat. Dank des Einsatzes setzen sich die spezifisch schwereren Teilchen rascher ab. Der Abscheideweg wird durch den Einsatz verkürzt. Dadurch gewinnen wir eine höhere Durchsatzleistung. Dies bedeutet: in gleicher Zeit können größere Mengen Flüssigkeitsgemische geklärt oder getrennt werden. Je mehr Einsätze desto kürzere Abscheidewege, umso rationellere Durchsatzleistung.